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Das Mönchsgesicht an der Kirche zu Schlettau

An der östlichen Außenseite der Kirche zu Schlettau befindet sich etwa acht Ellen über der Erde ein Stein in der Mauer, der, angeblich ohne Menschenhänden bearbeitet zu sein, einem Mönchsgesicht täuschend ähnlich sieht. Das Volk erzählt sich von demselben folgende wunderbare Geschichte, die sich um das Jahr 1520 ereignet hat. Damals hatte Johannes Küttner (oder Kottner), ein Bruder des Grünhainer Abtes Georg Küttner, als letzter katholischer Geistlicher die Pfarrstelle zu Schlettau inne. Da begab es sich, daß einst in stiller Mitternacht, als Küttner noch eifrig die Kirchenväter studierte, ein bleicher Schatten auftauchte. Es war der Geist eines seiner Vorgänger. Der sprach zu ihm: „Es ist nunmehr hundert Jahre her, als die Hussiten in der Nähe waren, daß ich ein silbernes Kruzifix um Mitternacht in die Kirchenmauer eingemauert habe. Am nächsten Morgen wurde ich von den wilden Ketzern erschlagen. Jetzt bin ich gekommen, um dich aufzufordern, das heilige Kreuz wieder an seinen früheren Ort auf den Altar zu stellen. Du wirst den Fleck, wo es vermauert ist, leicht erkennen, denn es wird sich deinem Auge ein Lichtschein zeigen, und da, wo derselbe erglänzt, schlage ein, und du wirst es sogleich entdecken!“ Nach dieser Rede verschwand der Geist. Der fromme Pfarrer aber eilte in die Kapelle, wo der Sakristan ihn zur Messe bereits erwartet. Diesem teilte er das Erlebte mit und hieß ihm, am folgenden Mittag mit Hammer und Spitzhaue zur Hand zu sein, um das Kruzifix aus seinem Verstecke herauszunehmen. Kaum war aber der Pfarrer wieder weggegangen, so versuchte der Böse das Herz des Sakristan, welches dem Geize an sich schon zugewandt war. Er beschloß, auf der Stelle den Versuch zu machen, das Kruzifix zu entdecken, den Raub auf die Seite zu schaffen und dann den Fleck möglichst gut wieder auszubessern, damit man von dem Diebstahl nichts gewahren möge. Nach kurzem Suchen fand er auch den Lichtschein, und als er an der Stelle, die hohl klang, einschlug, blinkte ihm auch das Silber entgegen. Allein er hatte bei dem Schlage das eherne Bildnis des Heilands mit zerschlagen.
Da fuhr auf einmal ein Donnerschlag vom Himmel herab, und die Kirchenglocken fingen von selbst an, Sturm zu läuten. Der Pfarrer fuhr aus dem Schlummer, er eilte aus dem Haus und fand schon eine Menge Volk um die Kirche versammelt, weil man glaubte, dieselbe stehe in Flammen. Als die Tür geöffnet wurde, fand man zwar dieselbe hell, aber nirgends sah man Feuer; wohl aber lag der Tempelräuber zerschmettert neben dem herabgestürzten Kruzifix am Boden, doch war sein Kopf vom Rumpfe wie abgehauen, und als man nach demselben suchte, fand man in an derselben Stelle in der Mauer, wo das Kruzifix eingemauert gewesen war. Der tiefbetrübte Pfarrer ließ nun das zerschlagende Bild des Heilands aus seinen Trümmern zusammensuchen und den Körper des Verbrechers aus der Kirche fortschaffen. Auch befahl er, den Kopf desselben nach Morgen zu in der Mauer zum ewigen Gedächtnis einzumauern. Als aber der Tag anbrach, da sah man das bleiche Gesicht des Sakristans, von selbst zu stein geworden, aus der Mauer herausblicken, und dort steht es noch, denn es läßt sich weder übertünchen noch vermauern, ja man hat beobachtet, daß es oft bittere Tränen vergießt und allemal, wenn dem Städtchen Gefahren drohen, in gelben Lichte leuchtet.

Quelle: Lauterbach, W.: Sagenbuch des Erzgebirges, Altis-Verlag, Berlin 1995

Michael Fröhlich, www.schnitzmichel.de