Der Geldkeller in den Greifensteinen
Unter einem großen Felsen des Greifensteins, wo der Vermutung nach ein altes Schloß gestanden hat, ist ein offenes Loch zu sehen, in das ein Mann bequem kriechen kann. Von diesem Loch aber wird erzählt, daß einst eine Magd aus dem Vorwerke Hayde, die, wenn sie daselbst grasete, öfters mit Namen gerufen wurde, im Beisein einer andern Magd auf abermaliges Rufen hineingegangen wäre, mit dem Verlaß, wenn sie schreien würde, daß ihr die andere zu Hülfe kommen sollte. Es hätte aber die hineingehende Magd einen großen Kasten mit Gold und Geld und einen schwarzen Hund dabei liegend angetroffen, und auf Befehl einer Stimme das Grastuch damit angefüllt. Als aber inzwischen der Eingang ganz enge geworden sei, daß sie auf die andere Magd um Hülfe geschrien, wäre der Hund auf sie losgesprungen und hätte alles Eingefaßete wieder aus dem Grastuche gescharret, darauf sie voller Schrecken von der andern herausgezogen worden, und des dritten Tages darauf wäre sie gestorben.
Besser (indem er wenigstens nicht mit dem Leben büßen mußte) erging es einst einem alten Manne aus Geyer, einem gewissen Christoph Hackebeil, der von seinem Heimatsorte nach der am Fuße des Greifensteins liegenden Gifthütte ging, durch sonderbaren Zufall auf den Greifenstein geriet, dort in dem obengedachten Loche entschlief und die ganze Nacht und den halben folgenden Tag daselbst zubringen mußte. Es ließ ihn schlechterdings nicht fort, und für die Angst und Versäumnis seiner Zeit hat derselbe nicht einmal einen klingenden Lohn von den Berggeistern erhalten.
Quelle: Lauterbach, W.: Sagenbuch des Erzgebirges, Altis-Verlag, Berlin 1995
Schnitzer: Heiko Wuttke, Ehrenfriedersdorf